Dornenvögel: 2   -  Stefan: 0

Die einschüchternde Nordwand der Schartenspitze
Die einschüchternde Nordwand der Schartenspitze

Dornenvögel 9-

 

Traumhafte, äußerst steile Route durch den rechten Teil der Nordwand - eine kerzengerade Superlinie von einmaliger Exposition!

 

Wenn sowas im Topo steht, dann muss man förmlich einsteigen. Das haben sich der David Schickengruber und ich 2012 auch gedacht und das Ding in Angriff genommen. Mit mäßigem Erfolg. Das sollte sich heuer ändern.

Aufgrund eines #tbt Instagram Fotos hat mich Gabriel kontaktiert und gmeint das er gerne mal in so einer exponierten Wand Fotos machen würde. Mit Elmar war auch ein starker Seilpartner gefunden und zwei Wochen später ging es dann los.

 

Aber alles der Reihe nach.


2012 hatte ich in der Route keinen Auftrag. Ich konnte zwar die ersten beiden Längen sturzfrei klettern, aber in er Schlüssellänge war für mich Endstation. Die beiden 7er Austtiegslängen waren dann auch kaum mehr zu schaffen. Dave konnte leider auch nicht punkten, dafür war die Schlüssellänge zu komplex (und sackhart). Einen eventuellen zweiten Versuche der Schlüsslelänge hatten wir nicht geplant und daher sind wir einfach rausgeklettert und haben das ganze als Projekt für später verbucht.

Heuer war der Ehrgeiz die Route zu punkten hoch und wir haben einen Fotographen mitgebracht. Gabriel war hochmotiviert, wenn auch neu auf dem Gebiet des Jümarens. Der Plan sah vor, am ersten Tag zu dritt die Pinoccio (7+/8-) zu klettern und 150 Meter Fixseil rechts von der Dornenvögel zu verlegen. Dann auf der Fölzalm übernachten und am nächsten Tag die Dornenvögel durchsteigen. Ganz einfach eigentlich - NOT.

Auch die leichtere, zweite Seillänge verlangt mir alles ab (c) Gabriel
Auch die leichtere, zweite Seillänge verlangt mir alles ab (c) Gabriel

Tag 1:

Wie man sich vorstellen kann, ist der Zustieg mit 200 Meter Seil schon mal in einer ziemlichen Schlepperei ausgeartet - aber sei's drum. Die Taktik und das Ropemanagement hat mir da schon mehr Kopfzerberechen bereitet. Wir schleppen also alles unter die Wand. Gabriel will für den nächsten Tag mit dem Jümaren vertraut werden und daher nehme ich in die Pinoccio ein zweites Seil am Gurt hängend mit. Elmar muss mit 100m Statikseil im Rucksack nachsteigen.

Ich steig' die erste Länge vor - es ist die schwerste. Läuft soweit ganz gut, kalter Pump wie Sau, aber das schwerste ist geschafft. Nach einem guten Rastpunkt sind es nur noch ein paar leichte, aber technische Meter zum ersten Stand. Plötzlich rutscht mir beim piazen der Fuß und ich hänge nach einem 7 Meter Sturz im Seil. Na bravo! Jetzt ist nicht mal das Minimalziel der beiden Tage, die Pinoccio zu punkten, aufgegangen. Der Frust sitzt tief. Wir klettern weiter, aber ich komme nicht in die Gänge. Alles fühlt sich schwer und unrund an. Wir entscheiden auf die dir. Westkante zu wechseln, da diese etwas leichter ist. Um Kraft zu sparen, und weil's mir überhaupt keinen Spaß macht! Gabriel jümart brav hinterher und mich befallen allerlei Ängste ob nicht das Seil durchscheuern könnte oder sonstwie irgendwer abstürzt. Am Stand der fünften Länge merken wir, dass man in die Dornenvögel nicht mehr einsehen kann. Und weiter oben folglich auch nicht!

Wir rechnen und hoffen, dass es sich mit 1x100 abseilen von hier aus ausgeht. Dann wäre wenigstens das Verlegen des Fixseils einfacher als erwartet. Im Notfall halt muss man halt ein zweites mal abseilen - Seil gibts schließlich genug. Gabriel kommt nach einer langen Abseilfahrt unten an und ruft herauf. Einer der wenigen Vorteile einer überhängenden Wand - man hat immer Sichtkontakt zum Einstieg. Fünf Minuten später haben wir wieder festen Boden unter den Füßen! Wir können das Bier und den Schweinsbraten auf der Hütte, welche zu jeder Zeit von der Wand aus zu sehen ist, schon schmecken und beeilen uns.

Kurz vor dem Stand der vierten Seillänge (c) Gabriel
Kurz vor dem Stand der vierten Seillänge (c) Gabriel

Tag 2:

Wir haben Wetterglück und müssen am großen Tag nicht ganz so früh raus wie befürchtet. Trotzdem binden wir uns um halb 9 ein! Hat schon was, wenn der Zustieg nur 20 Minuten dauert.  Es geht also los! Gabriel jümart und knipst; Elmar klettert! Die erste Länge wartet schon mit der Schwierigkeit 8 auf - Kaltpump vorprogrammiert. Trotzdem findet Elmar auf einer Linksschleife genügend Griffe und onsightet das Ding. Falsche Eitelkeit verleitet mich dazu die Linksschleife auszulassen und direkt über die Platte zu klettern. Natürlich laufe ich komplett zu und stürze. Ich könnte heulen! So wie der gestrige Tag, beginnt auch dieser mit einem gewaltigen Dämpfer. Ich bin dann wohl doch nicht so toll, wie ich's mir manchmal ausmale! Wortlos starte ich in die zweite Länge und vergesse, den Rucksack zu übergeben. Völlig demoralisiert hänge ich bei jedem Haken und arbeite mich lustlos nach oben. Wenn der Kopf nicht dabei ist, wird eine 7+ zur unmöglichen Aufgabe. Elmars Durchstieg lebt noch, als er zu mir an den Stand kommt. Aber jetzt gehts um die Wurst, die schwere, dritte Länge! Ich tue mein Bestes ihm gut zuzureden und versuche nicht allzu enttäuscht dreinzuschauen. In jedem Fall geht's der Elmar an. Gabriel ist mittlerweile in der besten Position um zu knipsen. Er hat höllische Blutergüsse von seinem Gurt, aber das sagt er uns erst am nächsten Tag.

Die erste schwere Stelle ist Elmar aufgegangen, aber in der unübersichtlichen Platte ist auch für ihn Endstation. Er bouldert das Ding aus und findet eine Lösung, aber es kostet ihn dermaßen viel Kraft, dass er sich keine Chancen im second go ausrechnet. Gabriel geht's kreislaufmäßig auch nicht mehr so gut und er seilt ab. Er will bei der Hütte auf uns warten und vielleicht von dort noch ein paar Fotos schießen.

Dann steige ich nach. Ich schwöre, dass ich mir vor vier Jahren leichter getan hab. Verdammte Psyche. Mit allen A0 Tricks überspringe ich die Platte - ich hab Angst, dass die Kraft für die letzten beiden Längen nicht mehr reicht. Völlig fertig komme ich an den Stand und wechsle nach kurzer Pause in den Vorstieg.

Die vierte (und als 7er leichteste) Länge entschädigt mich dann ein wenig. Homogene Kletterei und Traumfels. Ich kann wenigstens eine Länge durchsteigen. Die Ausstiegslänge dauert dann noch recht lang, weil der Elmar sich im Riss vertan und außer einem Friend, welcher mir im Nachstieg mehr oder weniger entgegengekommen ist, für 15 Meter keine Sicherung mehr gefunden hat. Zumindest den letzten Stand der Westkante hat er gefunden. Auf den Gipfel haben wir beide keine Lust. Also abseilen. Ich hoffe, dass wir hier mit viel Glück zu unserem Fixseil kommen. Um Gewicht zu sparen sind wir nämlich mit einem 60er Einfachseil eingestiegen. Sehr klug, wenn die Abseilpiste für 50er Doppelstrang eingerichtet ist. Aber das war kalkuliertes Risiko und wir müssen ja nur das Fixseil erreichen, dann können wir mit diesem weiter abseilen.

Es geht sich GENAU aus. Und damit meine ich, die Knoten berühren den Reverso als ich am Stand ankomme. Große Erleichterung und sowas wie gute Laune kommt auf. Jetzt nur keinen Fehler machen. Statikseil aufziehen, mittig durchziehen, zwei mal abseilen - fertig. Als wir nach sieben Stunden am Einstieg stehen bin ich super happy! Alle leben, die Logistik hat funktioniert. Beim Abstieg und dem Bier beim Bodenbauer fühle ich mich euphorisch.

Ich komme sicher wieder! Entweder ich projektier' das Ding nieder wie meine härtesten Touren, oder ich hebe mein Level auf 8b. Vielleicht hol' ich mir auch nur meine vierjählich notwendige Watschn ab, die mich wieder von meinem hohen Ross holt.


Dornenvögel  -  150m  -   8, 7+ ,9- ,7 ,7+



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Kommentare: 2
  • #1

    Horst Jobstraibitzer (Freitag, 19 August 2016 21:19)

    Super Story, Super Bilder. Nur .... Bodenbauer?????

  • #2

    Stefan Brauchart (Freitag, 19 August 2016 22:07)

    Danke Horst, und das von DIR!

    Der Blick beim Bodenbauer is um halt einiges besser ;)
    Na, im Ernst jetzt. Wir haben unseren Fotographen dort abgesetzt, weil der auf die Sonnschien wollt und ham die Chance genutzt.